Die Nutzung von ChatGPT im eCommerce
Ein Begriff, den es vor nicht allzu langer Zeit noch gar nicht gab, beherrscht heute die traditionellen und sozialen Medien sowie das Gespräch in der Küche und am Mittagstisch: ChatGPT. Und das zurecht: Die Ergebnisse, die sich mit ChatGPT in den unterschiedlichsten Bereichen erzielen lassen, verblüffen jede und jeden. In diesem Artikel werfen wir einen ersten vorsichtigen Blick auf mögliche Anwendungsfelder im eCommerce.
Was ist ChatGPT?
Hinter ChatGPT steht die Firma OpenAI, an der sich Microsoft kürzlich mit einer Investition von 10 Milliarden USD beteiligt hat. OpenAI hat mit GPT, welches zuletzt in der Version 4 erschienen ist, ein sog. “Large Language Model” (LLM) entwickelt. ChatGPT ist eine Anwendung, mit der man mit diesem Sprachmodell wie bei einer Unterhaltung interagieren kann. Dabei merkt sich ChatGPT auch bereits gesagtes. Es ähnelt daher sehr einem Chat mit einer echten Person, daher auch der Name.
ChatGPT verblüfft Menschen weltweit
Und dieses Sprachmodell ist erstaunlich leistungsfähig. Menschen, die noch nie zuvor programmiert haben, können plötzlich Apps fürs iPhone entwickeln. GPT in der Version 4 ist nicht mehr auf Sprache begrenzt, sondern beherrscht auch Bilder. Ein Foto vom Kühlschrank reicht und ChatGPT sagt einem, was daraus gekocht werden kann. Ein Foto von einer Website, und ChatGPT programmiert den Rest. Ein Fehler tritt auf? Auch diesen behebt das Tool, wenn man es darum bittet. ChatGPT kann ganze Artikel oder Bücher schreiben und diese mit Hilfe der Bilder KI Dall-E auch direkt illustrieren. Auf Wunsch gibt es rechtlichen, steuerlichen oder medizinischen Rat. Und spätestens hier wird es auch schon gefährlich, denn manchmal lügt ChatGPT wie gedruckt, aber dazu später mehr.
Eine Expertin für Sprache
ChatGPT kann sehr gut mit Sprache umgehen. Genauer gesagt: mit Sprachen. Denn ob Englisch, Französisch oder Deutsch, das ist ChatGPT egal. Das Modell wurde mehrsprachig trainiert. Sie können auf Deutsch fragen und um eine chinesische Antwort bitten. All das ist für das Modell kein Problem. Und noch etwas zeichnet ChatGPT aus: Man kann mit dem Modell über eine Schnittstelle (API) kommunizieren. Und spätestens jetzt schlägt jedes Entwickler-Herz höher, denn das erlaubt interessante Anwendungen.
ChatGPT im eCommerce
ChatGPT ist aus diesen Gründen auch für den eCommerce interessant, denn hier spielen Produkttexte, Rezensionen und Fragen der Kunden zu den Produkten eine große Rolle. Auf einige mögliche Anwendungsfälle am Beispiel des Marktplatzes Amazon möchten wir daher kurz eingehen.
Keyword-Recherche
Amazon ist eine Suchmaschine und wer nicht gefunden wird, kann auch nicht verkaufen. Es ist daher entscheidend, relevante Suchwörter im Produktlisting unterzubringen und hier kann ChatGPT bereits unterstützen. Fragt man das Tool ganz allgemein, welche Keywords bei einem “Gaming-Monitor” berücksichtigt werden sollen, liefert es schnell gute Ergebnisse:
Auch typische Falschschreibweisen liefert das Tool auf Nachfrage:
Produkttexte entwerfen
Mit diesen Informationen ausgestattet, kann es dann auch direkt losgehen, fertige Texte zu entwerfen, wie das folgende Beispiel zeigt, bei dem es darum geht, die sog. “Bullet Points” auf Amazon zu formulieren.
Die Antwort muss auch nicht lange auf sich warten lassen:
Wer hier genau hinschaut, stellt schnell fest, dass es ChatGPT mit den Keywords etwas zu wörtlich genommen hat. Diese wurden 1:1 eingebaut und es wurde nicht auf Groß- und Kleinschreibung oder Rechtschreibfehler geachtet.
Aber auch das ist kein Problem: Bitten Sie ChatGPT die Bullet Points entsprechend zu korrigieren und das wird das Ergebnis schon besser:
Wer Amazon kennt weiß, dass diese Bullet Points noch etwas zu lang sind. Daher bitten wir ChatGPT darum, den Text zu kürzen.
Im nächsten Schritt könnten wir mit Hilfe von ChatGPT diese Beschreibung auch in andere Sprachen übersetzen lassen. Die Umsetzung ist trivial, daher verzichten wir hier auf ein konkretes Beispiel.
Welche Sprache Sie auch wählen: Das Ergebnis kann sich schon jetzt sehen lassen und dabei haben wir kein besonderes Prompt Engineering betrieben. Prompt was?
Exkurs: Prompt Engineering
Die Fragen bzw. Aufforderungen, die NutzerInnen an ChatGPT stellen, nennt man auch “Prompt”. Und gerade bei ChatGPT ist es entscheidend, dass man die Aufgabe exakt formuliert, um das gewünschte Ergebnis zu erhalten.
Stellen Sie sich einfach vor, Sie müssten schriftlich eine Agentur oder einen Freelancer briefen und haben nur einen Versuch. Rückfragen gibt es nicht. Was in Ihrem Briefing nicht drinsteht, kann die Agentur bzw. die Freelancerin auch nicht berücksichtigen.
Zu einem guten Prompt gehören daher mindestens die folgenden Elemente:
- Rolle definieren: Geben Sie vor, welchen “Job” ChatGPT hat. Es macht einen Unterschied, ob Sie angeben, einen Anwalt, Marketing-Berater oder Journalisten zu benötigen
- Aufgabe: Beschreiben Sie exakt die Aufgabe.
- Context: Geben Sie ChatGPT die nötigen Informationen mit, die es braucht, um die Aufgabe zu bearbeiten
- Beispiele: Geben Sie im Zweifel Beispiele vor, wie die Antwort auszusehen hat
- Format: Geben Sie vor, was genau Sie benötigen. Das kann eine Tabelle, ein Artikel, eine Gliederung oder einfach nur Text sein. Geben Sie auch die Länge vor
Der erste Entwurf eines Prompts ist in aller Regel nicht der beste. Betrachten Sie das Ergebnis und verfeinern Sie die Anfrage. Weisen Sie ChatGPT auch auf Fehler hin. ChatGPT wird versuchen, diese im nächsten Anlauf zu korrigieren. Nach ein paar Runden wird ihr Prompt schon sehr viel besser aussehen. Und nicht zuletzt können Sie sogar ChatGPT bitten, einen passenden Prompt für Ihre Aufgabe zu erstellen. Man könnte meinen, dass sich hier die Katze in den Schwanz beißt, aber lassen Sie sich überraschen bzw. inspirieren.
Kundenfeedback analysieren
Zurück zu Anwendungsfällen im eCommerce. Kunden können auf Amazon Produktrezensionen, Verkäuferfeedback auch auch Fragen auf dem Listing hinterlassen. ChatGPT ist ideal, um sich hier einen Überblick über z.B. häufige Kritikpunkte oder typische Fragen zu verschaffen. Im folgenden Beispiel unseres “Gaming-Monitors” haben wir ChatGPT eine Reihe von Kundenfragen mitgegeben mit der Aufgabe, diese zusammenzufassen.
Auch hier leistet ChatGPT ganze Arbeit, wie die Antwort zeigt:
Diese Informationen kann man nun nutzen, um das Listing entsprechend zu verbessern, entweder per Hand, oder man bittet ChatGPT die Produktbeschreibung entsprechend anzupassen. Hier sollte man nur nicht vergessen, ChatGPT die benötigten Informationen mitzugeben.
Wir hatten eingangs erwähnt, dass sich ChatGPT auch über eine Schnittstelle abfragen lässt. Das hier nur wenige Zeilen Code reichen (die übrigens auch mit ChatGPT erstellt wurden, klar) zeigt das folgende Beispiel, bei dem diverse positive wie negative Rezensionen eines Teppichs analysiert wurden (die Rezensionen sind im Screenshot nicht vollständig sichtbar aufgrund des fehlenden Zeilenumbruches).
Auch diese Informationen können jetzt wieder in die Produktbeschreibung Eingang finden.
Produktbilder
OpenAI hat mit DALL-E eine eigene KI, die aus Texten Bilder entstehen lassen kann. Doch hier gibt es am Markt bereits bessere Modelle. So sorgt das Modell “Midjourney” derzeit für Furore, nicht zuletzt, weil es dem Papst eine mächtige Daunenjacke angedichtet hat. Viele haben das Bild für echt gehalten, weil es auch echt aussieht.
Wie gut Midjourney in der aktuellen Version 5 funktioniert, zeigt das folgende Beispiel:
Diese Frau gibt es nicht. Das Bild wurde künstlich erstellt. Den Midjourney-Prompt dazu hat - wie sollte es anders sein - ChatGPT geliefert, nachdem es in einem langen Prompt erklärt bekommen hat, was einen guten Midjouney Prompt ausmacht:
Woman in yoga class, professional space ::8
Power yoga, energizing practice ::4
Focus, determination ::2
Sweating, athletic performance ::2
Supportive environment, group class ::1
Gibt es schon länger Tools, die Hintergründe auf Wunsch verschwinden lassen können, so entsteht derzeit eine Reihe von Tools, die genau den umgekehrten Weg gehen: Sie haben ein freigestelltes Bild und möchten dieses vor dem Pariser Eiffelturm in der Hand eines künstlich generierten Models platzieren? Kein Problem! Eine entsprechend trainierte KI genügt und sie sparen sich die Kosten für die Anreise, die Models, den Fotografen uvm.
Probleme bei der Nutzung von ChatGPT
So schön das alles auch klingt, so gibt es doch auch einige Probleme im Umgang mit ChatGPT. Das in der Praxis wahrscheinlich größte Problem sind die “Halluzinationen”. Der Begriff bezeichnet den Umstand, dass sich ChatGPT manchmal Fakten ausdenkt.
Das liegt daran, dass ChatGPT ein statistisches Sprachmodell ist, bei dem anhand von Wahrscheinlichkeiten Wort für Wort ermittelt wird, welches Wort als nächstes kommen sollte. Und dabei können dem erwarteten Ergebnis auch gern mal Unwahrheiten mit einfließen.
Fragt man ChatGPT in der Version 3.5 z.B. wer das Buch “Amazon Marketplace” geschrieben hat, so werden anstelle der wahren Autoren zwei völlig andere genannt. In der Version 4 ist dieser Fehler bereits (teilweise) behoben, aber das einfache Beispiel zeigt, wie schnell ChatGPT daneben liegen kann.
Eine weitere Herausforderung besteht im Umgang mit firmeninternen Daten. ChatGPT weist in seiner Browser-Anwendung offen darauf hin, dass man keine sensiblen Daten mit ChatGPT verwenden sollte. Denn Sie können nicht wissen, ob diese Daten nicht Teil des “Allgemeinwissens” von GPT in den Folgeversionen werden. Viele Firmen schreiben gerade hektisch entsprechende Anweisungen, ob bzw. wie mit ChatGPT umgegangen werden darf.
Bei Bildern gibt es gerade Diskussionen, wem eigentlich die Rechte an den künstlich erstellten Bildern gehören. Können diese kommerziell genutzt werden? Häufig wurden die Bilder anhand von urheberrechtlich geschützten Bildern trainiert. Welchen Einfluss hat das auf neu erstellte Bilder?
Ausblick
Die Geschwindigkeit, mit der sich ChatGPT aktuell entwickelt, ist enorm. So ist kürzlich Version 4 von GPT erschienen, die wie erwähnt neben Texten nun auch Bilder erkennt und nochmal deutlich bessere Antworten als die Version 3 bzw. 3.5 liefert.
Zudem kann die Version 4 jetzt auch googeln und sich damit auch aktuelles Wissen ad hoc dazuholen. OpenAI hat zudem eine Art “App-Store” ins Leben gerufen, bei dem Entwickler sog. Plugins hinterlegen können, um OpenAI bei Bedarf weitere Infos zur Verfügung zu stellen, wie z.B. aktuelle Flug- oder Hoteldaten. Dank entsprechender Plug-ins ist ChatGPT nun auch zum Mathegenie geworden, da es hier auf Wolfram Alpha zurückgreift.
ChatGPT kann mittlerweile selbst programmieren und diese Programme auch direkt ausführen. Sogenannte “Agenten” können selbstständig mehrstufige Tätigkeiten definieren und diese dann ausführen.
Das enorme Tempo, das ChatGPT aktuell an den Tag legt, ruft auch Kritiker auf den Plan, die zu Recht fragen, welche gesellschaftlichen Auswirkungen Tools wie ChatGPT haben werden? Personen, die einen Schritt weiter denken, sehen bereits die Anfänge einer echten künstlichen Intelligenz, die Zugriff auf das gesamte Menschheitswissen hat und ggfs. ein Eigenleben entwickelt, was von Menschen nicht mehr kontrolliert werden kann. Namhafte Personen (darunter Elon Musk) fordern gar in einem offenen Brief einen Stopp der aktuellen Entwicklung.
Ich persönlich glaube, dass die Büchse der Pandora nun geöffnet ist oder - wie ChatGPT es formulieren würde - “Das Konfetti hat die Kanone verlassen”. ChatGPT bietet viele Anwendungsmöglichkeiten u.a. im eCommerce. Diese gilt es zu nutzen und die entstehenden Risiken zu kontrollieren.
ChatGPT wird dabei zu einem Tool werden, das aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist. Auf Basis von ChatGPT werden spezialisierte Anwendungen für unterschiedliche Use-Cases entstehen. Entscheidend wird sein, dass man ChatGPT für sich zu nutzen weiß. Dem oben beschriebenen Prompt-Engineering sowie der geschickten Aneinanderreihung von Aufgaben kommt dabei die größte Bedeutung zu.
Weitere Informationen zur Verwendung von ChatGPT in Verbindung mit Amazon finden Sie auf unserer Infoseite.